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Wie ist es eine Perücke zu tragen? - Meine Geschichte von Angst und Gefühlschaos, über Mut, bis hin zur Perückenliebe 

Wir von HAARISTA möchten Perücken verkaufen, das ist unser Business. Wir möchten aber auch ehrlich über das Thema Haarersatz informieren und Betroffene durch unsere Erfahrungen unterstützen. Dieser Beitrag ist deshalb von einem Mitglied aus unserer HAARISTA Community. 

Hallo, Ich bin Tiana.
Ich habe seit 23 Jahren Alopecia. Erst jahrelang Alopecia Areata, die Löcher in den Haaren kamen und gingen. Vor 13 Jahren der Schock, als die Haare ganz ausfielen. Nun also Alopecia Totalis. Mittlerweile sind da weder Augenbrauen, noch Wimpern oder sonst welche Haare; Alopecia Universalis.

„KANN ICH OHNE HAARE WEIBLICH UND ATTRAKTIV SEIN?“

Ich fange am besten mal ganz vorne an: Eine Perücke zu tragen ist für viele erstmal eine seltsame, vielleicht sogar unangenehme Vorstellung. So war es für mich auch. Das liegt aber nicht nur an der Tatsache, dass man einen „Fremdkörper“ auf dem Kopf trägt, sondern meistens auch an den Gründen, warum es überhaupt notwendig ist eine Perücke zu tragen. Ausgenommen hiervon sind Menschen, die Perücken rein aus modischen Zwecken tragen. Da die Perücke in diesem Fall ein Lifestyle Produkt ist, gehen damit eher positive Gefühle einher.

Der häufigste Grund, warum man unfreiwillig Perücken trägt, ist Haarverlust - stellenweise oder im Ganzen. Die Ausprägung der psychischen Belastung, die Haarausfall mit sich bringt, ist von Person zu Person unterschiedlich. Eher wenige können wohl von sich behaupten, hierdurch völlig unbeeindruckt zu sein. Angst und tausend Fragen belasten die meisten von uns. Bei Frauen ist der „Verlust der Weiblichkeit und Schönheit“ oft eine der größten Ängste und bewirkt gerade in der Anfangszeit einen hohen Leidensdruck. Aufmunternd und lieb gemeinte Sätze aus dem nahen Umfeld, wie „du hast eine so schöne Kopfform, mit Glatze wirst du super aussehen“ oder „also wenn das jemand tragen kann, dann du mit deinem hübschen Gesicht“, helfen leider nicht. Im eigenen Kopf sieht es eher so aus: „Es ist mir egal wie schön meine Kopfform ist, ich will einfach keine Glatze haben. Ich will Haare, einfach nur Haare!“. Vielleicht findet sich die ein oder andere von euch hierin wieder.

„VIELLEICHT MUSS ICH NUR EIN BISSCHEN WARTEN, NOCH EINE ANDERE THERAPIE AUSPROBIEREN UND MEINE HAARE KOMMEN WIEDER?“

Wenn der Moment kommt, in dem es unausweichlich wird eine Perücke bzw eine andere Kopfbedeckung zu tragen oder die Glatze offen zu zeigen, spitzt sich diese emotional sehr schwierige Lage oft noch mehr zu. Der Schritt, die letzten Haare tatsächlich abzurasieren garantiert Herzklopfen und ist mit Sicherheit tausendfach überdacht, doch nochmal verschoben, aber irgendwann tatsächlich unausweichlich. Die Gedankenspirale dreht sich: „Danach gibt es kein zurück mehr, die Haare sind ab. Soll ich das wirklich tun? Vielleicht kommen sie ja doch wieder und ich brauche gar keine Perücke?“. Letztendlich bringt man es über sich und macht diesen wahnsinnig großen und bedeutenden Schritt.

„NIEMAND WIRD SEHEN, DASS ICH EINE PERÜCKE TRAGE… ODER DOCH?“

Wie sehr hilft mir denn nun eine Perücke zurück zu einem normalen Alltag zu finden und diese seelische Belastung zu verarbeiten oder sogar zu etwas Gutem umwandeln zu können?

Die Werbeversprechen vieler Perückenanbieter sind groß. „Niemand wird erkennen, dass Sie eine Perücke tragen“, „Sie werden es selbst nicht mehr merken, dass Sie keine Haare haben“. Solche und ähnliche Versprechen haben wir alle sicherlich schon gehört. Aber was ist nun die Wahrheit? Wir gut kann eine perfekte Perücke sein?

Die Antwort in einem Satz: Eine Perücke ist am Ende des Tages immer noch eine Perücke.

Nun vielleicht doch noch etwas ausführlicher:

Ich habe in den mehr als zehn Jahren als Perückenträger gelernt, dass eine sehr gut verarbeitete und angepasste, qualitativ hochwertige Perücke, die fast perfekte Illusion natürlicher Haare erschaffen kann. Mit Tricks wie Lace Front, Silk Top, Knoten bleichen, Babyhair und einigen anderen Methoden, wird möglichst natürlich wirkender Haarersatz erschaffen. Die meisten Menschen, die dir im Alltag begegnen werden tatsächlich keinen Unterschied sehen und nicht mal ahnen, dass ihr Gegenüber eine Perücke trägt.

Diese Ungenauigkeit mit der Menschen einander anschauen führte in Kombination mit einer sehr guten Perücke dazu, dass ich mich in meinem Alltag tatsächlich sehr schnell wieder relativ normal gefühlt habe. Die Perücke ließ mich in der ganz normalen haarigen Masse abtauchen, ohne aufzufallen oder ständig darüber nachzudenken, ob die anderen mich seltsam anschauen und vielleicht eine kahle Stelle an meinem Kopf entdeckt haben. Oh ja, das befreit.

All diese positiven Dinge, die einem eine wirklich gute Perücke bringen sind toll. Dennoch sollte man sich bei der Erwartung an eine Perücke auch über die folgenden Dinge im Klaren sein:

„JEDE PERÜCKE HAT IHRE SCHWACHSTELLEN.“

Nehmen wir zum Beispiel den Haaransatz rundherum (aber vor allem im Stirnbereich) und die Schläfen. Diese Stellen machen im Zweifel den Unterschied und sind entscheidende Faktoren im Hinblick darauf, ob eine Perücke natürlich aussieht oder eben nicht. Allerdings sind diese Stelle selbst beim besten Haarersatz eben die, die bei genauem Hinschauen die Perücke mehr oder weniger erkennbar machen.

Nehmen wir doch mal eine Perücke, die ausschließlich aus Netz besteht. Dieses feine Netz wird, wenn der richtige Farbton gewählt wird, tatsächlich fast unsichtbar auf der Haut. Man beachte bitte die Formulierung, FAST unsichtbar. Den besten Effekt erzielt man hier, wenn man die Perücke fest an die Kopfhaut anklebt. Ich gehöre allerdings zu den Menschen, die neben Alopecia auch noch eine so empfindliche Haut haben, dass permanentes Kleben keine Lösung ist. Da kann es dann nun mal tatsächlich passieren, dass das Netz nicht zu 100% flach anliegt und dadurch ein bisschen sichtbarer ist, als es in einer perfekten Welt wäre.

Genau so ist es auch im Bereich der Schläfen. In der Regel lässt sich hier eine tolle Illusion erschaffen. Aber mal nicht richtig (oder eben gar nicht) geklebt und schon lässt der schöne Sommerwind im Urlaub auch mal eine Schläfe kurzfristig für das Urlaubsfoto abheben.

Und da ich kein Statiker bin, passiert es auch mal, dass meine liebste Frisur - der Messy Bun - zur Schwungkeule wird, wenn ich den Kopf vor Lachen in den Nacken schmeiße. Wenn da (wie meistens bei mir) fast gar nicht geklebt wurde, wackelt dieses Frisuren-Kunstwerk auch schon mal gefährlich, so dass der Ehemann schon schützend die Hände ausbreitet und bereit ist die Haare zu fangen.

Ihr seht, ich nehme es oft mit einer gewissen Portion Humor. Aber was ich euch damit ganz ernsthaft sagen möchte: Bei der Wahl einer Perücke muss man gewisse Dinge abwägen und entscheiden.

Die höchstmögliche Natürlichkeit bringt es mit sich, dass die Perücke durch das feine Netz zum einen ein bisschen empfindlicher ist und zur Befestigung meistens geklebt wird. Eine andere Befestigungsart oder eine robustere Montur führt dafür an einigen Stellen zur Einbuße an Natürlichkeit. Es ist also eine Abwägung, die nach den persönlichen Präferenzen erfolgen sollte, um das Modell zu wählen, dessen Schwachstellen dich selbst am Wenigsten beeinträchtigen.

„ANDERE ZIEHEN IHREN BH AUS, WENN SIE NACH HAUSE KOMMEN; ICH ERSTMAL DIE HAARE.“

Nach so vielen Jahren mit Perücke kann ich guten Gewissens behaupten, mich mit diesem Thema mehr als arrangiert zu haben. Ich liebe mittlerweile die Flexibilität, die mir meine Perücke bietet. Die Haare ausziehen zu können und sie gemeinsam mit dem Tag der hinter mir liegt abzustreifen, ist ein tolles Gefühl. Es befreit mich.

Ich mache mir meine Perücke zu meinem persönlichen Diamanten. Genau so, wie ich sie haben möchte und wie sie zu mir passt. Sie ist wie ein Schmuckstück, das ich trage. Sie macht mich nicht aus, aber sie lässt mich ein Stück mehr glänzen, weil ich sie liebe und gerne trage.

Und obwohl ich mich so wohl damit fühle, nehme ich sie am Ende des Tages dennoch ab, strubbel mir mit den Fingern über mein Glatzköpfchen und bin mir dieser Sache ganz bewusst:

„ES IST NUN MAL EINE PERÜCKE.“

Eure Tiana



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